Liebe Freunde, liebe Kollegen, liebe Leserinnen,
liebe Leser meiner Seite:
Seit vielen Jahren schreibe ich Tagebuch,
versuche mich und die verrückte Welt in die wir hineingeboren wurden - ich
habe in Siebenbürgen und Bukarest die beiden Diktaturen des 20.Jhdts
kennegelernt, die Angst, Verfolgung, durch die Securitate, dann das Exil im
Westen, und habe so gleich drei Länder, wo ich lebe, vor allem in Italien
am Meer- mit meinem Schreiben versucht, diese Welt zu verstehen, in
Romanen, Essays, aber vor allem in Gedichten, und ich bin davon überzeugt,
dass jeder Mensch eine innere Stimme, einen tiefen Antrieb für sein Leben
hat, der sein Schicksal bestimmt. Meines war die Poesie, die Literatur, die
Kunst, das verstehende und zusammenführende Denken, Sinn, der erst das Leben
zur Freude machen kann, und die Liebe, die Glück und den Widerschein des
"Himmels" mit sich bringt. Ihr könnt meine Liebesgedichte lesen, die sich
immer mit dem Geistigen, ja, manchmal mit dem Heiligen verbinden. Ich werde
in der nächsten Zeit davon immer wieder einige in meine Seite stellen. Und
wenn Ihr mich besser verstehen wollt, und auch Einzelheiten zu meinem Leben
und meinem Schreiben erfahren möchtet, auch die einzelnen Titel mit
Leseproben, lest in meiner homepage nach: www.dieterschlesak.de. Und zu
meinen Gedichten habe ich im Autorenkommentar einiges auf meiner Seite hier
eingestellt.
Ich hoffe, dass meine Gedichte in dieser oberflächlichen
Zeit beitragen zu einem Tiefenraum des Sichselbstfindens und der Hoffnung,
dass es nicht nur das Außen und seine Sinnlosigkeiten, seine Verbrechen und
Betrügereien gibt, sondern dass das Leben wunderschön sein kann! Und dass es
jenseits dieses täglichen Scheins es eine ganz andere, wesentlichere Welt
gibt, die wichtiger ist … und Stärke geben kann!
Euer Dieter
Schlesak
Walter Hinck
Elegie des Abschieds
Dieter
Schlesaks Dichtung ruht im Elegischen. Im Band "Herbst Zeit Lose.
Liebesgedichte", in dem diese Verse stehen, mischt sich noch in den Taumel
des Sinnlichen und den Jubel der Sprache ein Zug von Trauer; über alle
Himmel Schlesaks zieht eine Wolke. Der 1934 im rumänischen Transsylvanien
als Angehöriger der deutschen Minderheit geborene Lyriker, Romanautor und
Essayist, nach seinem Studium in Bukarest Redakteur der Zeitschrift "Neue
Literatur", kam 1969 in die Bundesrepublik und lebt seit 1973 in der Toskana
und in Stuttgart. Seine bedeutendste Übersetzung rumänischer Dichtung ist
sicherlich die Übertragung der "Elf Elegien" von Nichita Stanescu, dem
Dichter der inneren Emigration zur Zeit der Diktatur Ceauçescus (Neudruck
2005). In der italienischen und rumänischen Literaturkritik gilt Schlesak
als einer der wichtigen Vertreter moderner deutscher Lyrik; ein Band von
siebzig Gedichten mit Übersetzungen ist kürzlich in Pisa erschienen.
Jenseits der Alpen hat Schlesak ein Echo gefunden, das man ihm auch in
Deutschland wünscht.
Mit seinem Band "Herbst Zeit Lose.
Liebesgedichte" schließt sich Schlesak an die Tradition einer Liebeslyrik
an, die man heute leicht in den Verdacht der prickelnden Oberflächlichkeit
bringen kann, wenn man sie erotische Lyrik nennt - einer Lyrik, mit der wir
Namen wie Catull und Horaz verbinden, die Liebesgenuß und -erfüllung preist.
Sie begegnet uns auch in Goethes "Römischen Elegien", deren Titel in einer
Handschrift noch "Erotica Romana" lautet. Zumal Schlesaks Gedichte im
Abschnitt "Komm, schlaf jetzt mit mir" zieren sich nicht, beschreiben Liebe
als "Vulkan" in "Flammen". Aber fast immer geht aus dem Aufruhr der Sinne
das Besinnen hervor. Ein an barocke Vergänglichkeitsklagen erinnernder Ton
ist Signal: das Begehren nach dem Augenblicksbegehren verstummt; wahre Liebe
will Ewigkeit. "Doch die Liebe ist Leben für immer", heißt der Sammeltitel
für eine der Gedichtreihen.
Im Gedicht "Meine Liebste laß uns gehen"
ist nach der Zeit der wilden Vereinigungen nun die Zeit des Abschieds
gekommen. Die über die Augen gelegten Hände deuten an, daß sich der Vorhang
vor der Welt der sinnlichen Wahrnehmungen schließt. Aber noch einmal bringt
sich Erotisches in Erinnerung, das weibliche Geschlecht, als poetisches Bild
für Geburt und Zeugung. Was den Augen mangelt, kann das Herz bewahren - Herz
verstanden als Inbegriff für jenes Unbeschreibbare, das mit der Seele, dem
ebenfalls unbeschreibbaren Spirituellen, verschwistert ist. Unendliche
Traurigkeit durchdringt die vierte Strophe. Trennung der Liebenden und
Einsamkeit des einzelnen werden unwiderruflich, und nicht zufällig wählt
Schlesak in der Zeile "doch gehen ja gehen" eine die Gemütssaite berührende
Wiederholungsform des Volkslieds. Noch gewähren die Erde des Grabes und "die
Seele im Flug" eine "Umarmung". Aber bleibt auch das poetische Bild des
offenen Himmels in Kraft, so besiegelt doch der Schlußvers eine
Endgültigkeit: "Denn alles fällt ab was wir waren."
Es gibt im Band
auch Gedichte von geringerer Direktheit, Beispiele wie in der Strophe: "Denn
was dann nicht mehr ist / und war / die Erde, jede Zelle / Atome dieser Hand
die wir so warm berühren werden! / Du meine und ich deine Hand / Sind ihre
Elemente. Sie drehn sich rasend schnell / wie Glücksgefühle / und duften
weiter." Von "Verjüngung" wird gesprochen. Die Abschiedselegie "Meine
Liebste laß uns gehen" ist von herber Trauer. Hingenommen wird das Bedingte
unserer Existenz mit einer Kraft der melancholischen Gefaßtheit, zu der wohl
nur eine Liebe verhelfen kann, die ihrer Unverlierbarkeit gewiß ist. Dieses
Liebesgedicht schön zu nennen wäre zu wenig; es macht dem Gefälligen keine
Zugeständnisse, ist aber nicht fatalistisch, es ist bewegend, doch nicht
erweichend, die poetischen Bilder leiten uns unaufdringlich, aber
unausweichlich zur Frage nach unserer Endlichkeit, kurz, dies ist ein großes
Gedicht.
- Dieter Schlesak: "Herbst Zeit Lose". Liebesgedichte. Buch
& Media GmbH /Lyrikedition 2000, München 2006. 172 S., br., 17,50
[Euro].
Redaktion Marcel
Reich-Ranicki
Kastentext:
Dieter Schlesak
Meine Liebste
lass uns gehen
sieh wir haben uns schon die Hände über die Augen
gelegt.
War nicht dein Geschlecht schon wie immer der Aus- und der
Eingang zur Welt?
Bleib mir im Herzen wenn wir vergehen.
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First release on e-Stories.org 10/11/2007.
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